Schlaglicht | Ländliche Regionen bereiten sich auf Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine vor

Veröffentlicht am: 07.03.2022
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Wir bereiten uns vor auf etwas, das wir noch gar nicht genau begreifen können, von dem wir nicht wissen, was es wird.“
Antje Jahn, Beauftragte für Migration und Integration im Landkreis Dahme-Spreewald

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gehen Landkreise in ganz Deutschland ihre Aufgabe als Gestalter lokaler Migrations- und Integrationspolitik entschlossen an. In vielen Land.Zuhause.Zukunft Landkreisen – so zum Beispiel in der Uckermark und im Landkreis Dahme-Spreewald – wurden innerhalb weniger Tage umfangreiche Vorbereitungen für die Aufnahme geflüchteter Ukrainer:innen getroffen. Diese reichen von der Suche nach Wohnraum über die Einrichtung von Spendenkonten und Telefon-Hotlines, die Koordination von Sachspenden und Beratungs- und Betreuungsangeboten ehrenamtlich Engagierter bis hin zur Einrichtung von Krisenstäben und der Zusage von Aufnahmeplätzen. Viele weitere Landkreise in ganz Deutschland haben Schritte zur Unterstützung ukrainischer Geflüchteter eingeleitet, darunter auch die Land.Zuhause.Zukunft Programmlandkreise Burgenlandkreis, Enzkreis, Landkreis Karlsruhe und Landkreis Weilheim-Schongau.

Kommunen sind spätestens seit der erhöhten Fluchtmigration nach Europa in den Jahren 2015 und 2016 zu wichtigen und sichtbaren Akteurinnen der Flüchtlingspolitik geworden – auf allen Ebenen. Sie agieren vor Ort, jedoch ebenso zunehmend vernetzt auf nationalen, europäischen und globalen Plattformen, wie zum Beispiel im Rahmen der Initiativen Eurocities oder des Mayors Migration Council. Jetzt greifen die Kommunen auf Strukturen zurück, die – 2015 etabliert – in den vergangenen Jahren konsolidiert wurden. Insbesondere Netzwerke und Initiativen ehrenamtlich Engagierter sind innerhalb kürzester Zeit reaktiviert worden. Dies berichten zum Beispiel Vertreterinnen der Landkreise Bernkastel-Wittlich und Dahme-Spreewald.

Wie jede:r einzelne:r Ukrainer:in vor Ort aufgenommen, betreut und beraten wird, hängt vom Engagement der Kommunen ab, die sich schon jetzt mit alltagspraktischen Fragen befassen: Wie können innerhalb kürzester Zeit Dutzende zusätzliche Plätze in Kindertagesstätten und Schulen geschaffen werden? Wie erreichen kommunale Akteur:innen diejenigen Ukrainer:innen, die dezentral bei Freund:innen oder Verwandten unterkommen und über die keine Informationen vorliegen? Wie gehen lokale Behörden mit dem administrativen Mehraufwand im Falle hunderter Anträge auf vorübergehenden Schutz um? Auch in diesen Fragen können Kommunen auf Erfahrungen aus den Jahren 2015 und 2016 zurückgreifen, z.B. bei der Inbetriebnahme von Gemeinschaftsunterkünften oder der Koordination ehrenamtlich Engagierter.

Gemeinsam werden wir uns auch dieser Herausforderung stellen.“
Dr. Christoph Schnaudigel, Landrat des Landkreises Karlsruhe

Ob Ukrainer:innen die Vorbereitungen, die Kommunen und Privatpersonen in Deutschland derzeit treffen, tatsächlich in Anspruch nehmen können, hängt maßgeblich von den Vorgaben der Europäischen Union, der Bundesregierung und der Länder ab. Denn die Klärung aufenthaltsrechtlicher Fragen ist für kommunale Akteur:innen eine wichtige Voraussetzung dafür, Ukrainer:innen in Empfang nehmen, angemessen beraten und vor Ort unterstützen zu können. Hier ist die Entscheidung des Rates der Europäischen Union, die Massenzustroms-Richtlinie zu aktivieren, seitens der Bundesregierung und der Länder im Eilverfahren auszugestalten. Es müssen unbürokratisch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erteilt und damit Rechtsicherheit für Ukrainer:innen hergestellt werden. Klarheit muss auch im Umgang mit allen Drittstaatsangehörigen hergestellt werden, die sich in der Ukraine aufhielten und nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland zurückkehren können. Zudem sollten die Bundesländer der Empfehlung der Bundesregierung folgen und die Ausländerbehörden anweisen, bereits bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis auch eine Beschäftigungserlaubnis in den Aufenthaltstitel einzutragen. Zuletzt sollten bei der Verteilung von ukrainischen Geflüchteten innerhalb der Bundesländer unbedingt familiäre Kontakte berücksichtigt werden.

Verwaltung und Zivilgesellschaft in ländlichen Regionen Deutschlands jedenfalls sind bereit. Ihre Kompetenzen gilt es jetzt zu nutzen.